(11) Killerwellen, tiefe Schluchten & eine Känguru-Familie | 850 km quer durch Westaustralien

Der Wendepunkt unserer Westaustralien-Rundreise: Ab jetzt geht’s die Küste wieder runter. Was wir auf den 850 Kilometern von Exmouth bis Northhampton alles erlebt haben? Tiefe Schluchten im Charles Knife Canyon, steile Straßen, Killerwellen an den Quobba Blowholes, einen Wet-T-Shirt-Contest, Outback-Friedhöfe, eine Känguru-Familie und zwei rebellierende Kakadus.

Das Wichtigste in Kürze

Übernachtung:
> eine Nacht im Northampton Caravan Park für 35 AUD

zurückgelegte Strecke:
> 850 km, reine Fahrzeit 9 Stunden

Things-to-do:
> Charles Knife Canyon
> Quobba Blowholes
> …oder all die Dinge, die wir in den Blogposts 1-9 empfohlen haben und für die ihr auf dem Weg nach oben keine Zeit hattet :-).

Kleine Anmerkung: Grundsätzlich ist ein Tag nur Autofahren so gar nicht unser Stil. Aber in Australien sind die Strecken lang und die Reisezeit immer zu kurz. Und da wir an den ersten 12 Tagen auf dem Weg nach oben alles gesehen haben, was wir sehen wollten UND weil es südlich von Perth noch so viel mehr gibt, das wir unbedingt sehen wollen, haben wir uns dazu entschieden, diesen „A…loch-Tag“ auf uns zu nehmen. Im Nachhinein war es auch eigentlich gar nicht so schlimm, aber lest selbst….

Tag 14 – Everybody gets a second Chance

Zu Ehren unseres riesigen Sonnenbrandes genießen wir heute Morgen ein riesiges Frühstück in unserem klimatisierten Wohnzimmer, bevor wir unseren Gigi wieder abfahrtbereit machen. Wäsche ist gewaschen, Einkäufe gut verstaut, wir tiefengekühlt nach zwei Nächten Klimaanlage – also ab zurück auf die Straße. Eigentlich wollten wir nochmal zum Schnorcheln, aber aufgrund des Verbrennungsgrades unserer Haut, ist das Thema erstmal durch; wahrscheinlich nicht nur für heute. Hier auch nochmal das Appell an alle: Ein guter Sonnenschutz ist in Australien wirklich das A und O! Ihr gefährdet nicht nur eure Gesundheit im höchsten Grad sondern auch eure Reise. Verbrannt macht alles nur halb so viel Spaß….

Der Grand Canyon Australiens

Das Ziel für heute: soweit wir kommen! Etwas schwermütig ist dieser Wendepunkt in unserer Reise, denn wir fahren wieder südlich, zurück in Richtung Perth, ein großer Teil zu Ende. Es fühlt sich aber auch gut an, denn wir wissen, dass wir noch sehr viel Zeit für viele weitere Highlights im Süden haben. Der Sonnenbrand tut weh, und die Grundkühlung hält genau 3 Minuten, bevor wir wieder anfangen zu schwitzen. Wir fahren zum Charles Knife Canyon. Hier steht im flachen Australien wahrscheinlich das einzige „Achtung-bergauf“ Schild überhaupt. Wir sind bis auf ein anderes Auto auch die einzigen, die die steile Straße in Angriff nehmen. Im anderen Auto sitzen die Iren von vorgestern. Hach, die Welt ist einfach ein Dorf. Im kleinen Stil erinnert der Canyon ein bisschen an den Grand Canyon in den USA. Wir knobeln, wer an den Lookouts zum Bilderknipsen aussteigt und die verbrannten Arme nochmal der Sonne aussetzen muss. Weil ja, es tut tatsächlich weh. Ungefähr so muss sich die Hölle anfühlen, ab sofort werde ich immer ein braves Mädchen sein. Aber jede einzelne Aussicht ist es wert und belohnt uns mit unglaublichen Bildern: Vom ausgetrockneten Canyon mit seinen tiefen Schluchten sieht man bis an die weißen Strände und das türkise Meer der Cape Range Peninsula.

Charles Knife Canyon
Allrad macht sich bezahlt: Ab in den Charles Knife Canyon
Charles Knife Canyon Exmouth
Tiefe Schluchten und Geröll
Charles Knife Canyon Westaustralien
…und das Meer im Hintergrund.
Charles Knife Canyon Western Australien
Charles Knife Canyon Australien
…und zwei verbrannte Gesichter!

Fontänen und Killerwellen

Auf der Weiterfahrt prägen riesige Termitenhügel das Bild, wir fühlen uns wie auf einem anderen Planeten.

Termitenhügel Westaustralien
Wie von einem anderen Planeten: Die Termitenhügel in Australien nehmen enorme Ausmaße an.
Termitenhügel Australien
Bis zu mehrere Meter hoch werden die Termitenhügel hier.

Am nächsten Stopp, den Quobba Blowholes, ist es schon deutlich kühler und der Wind peitscht uns um die Ohren. Die Wellen preschen gegen die Felswand. Der einsame Rettungsring hier spricht für sich: King waves kill!

King Waves Kill Quobba Blowholes
King Waves Kill
Quobba Blowholes Carnarvon
Was für eine Küste, oder?
Carnarvon Coast
Quobba Point

Wie unberechenbar das Meer ist, werden wir noch am eigenen Leib erfahren. Diese Steinküste ist so anders als all das, was wir bisher gesehen haben. Und diese Fontänen! Sie füllen sich mit einem gluckernden Geräusch mit Wasser, bevor sie sich mit voller Kraft und einem grellen Pfeifton entladen. Man muss auf den Wind aufpassen, denn es ist kaum vorhersehbar, wo das Wasser wieder runterkommt. Gerade als ich Manu fürs nächste Bild instruieren will, passiert es: der Wind dreht, die Gewalt der Natur schlägt zu und trifft uns beide mit voller Wucht und einer riesigen Ladung Salzwasser. Wet T-Shirt Contest vom Feinsten! Wir lachen über unsere eigene Dummheit. Nass bis auf die Unterhose gibt es also kein Foto mehr, sondern ein neues Outfit – gut, dass wir in Gigi alles an Board haben.

Quobba Point Blowholes
Was für eine geballte Kraft: das sind dann wohl diese King Waves!
Fontäne Quobba
Und da bläst das Wasser Fontänen artig durch die Blowholes!
Quobba Blowholes Western Australia
Die Mutigen wagen sich vor ans Wasser.
…und Achtung…
...wird höher und größer...
...trifft uns mit voller Wucht!

Down South – gruselige Nächte im Outback

Die nächsten Stunden machen wir Strecke und wundern uns über diese ausgetrocknete Landschaft, die einzige Vegetation: am Strunk verbrannte Büsche mit grünen Blättern – wie geht das? Die Abermillionen (das ist keine Übertreibung) wilden Ziegen wissen es, sie sind hier überall. Eine echte Plage.

Ende der Welt in Australien
Ende der Welt in Australien, alles eben.
Ziegen in Australien
Ziegen – überall Ziegen!
Roadtrain Australien
…und ein paar Roadtrains.
Tiertransport
…teils auch mit tierischer Ladung!
Roadtrain Trucks
…und Containern.

Auf dem wohl einzigen Hügel in dieser Gegend befindet sich ein Lookout. In der Nachmittagssonne schießen wir ein Foto vom Ende der Welt, weit und breit nur Outback, es scheint unendlich. Für manche ist dieser Platz wohl wortwörtlich das Ende der Welt, denn es ist eine Art Schrein aufgebaut mit bunten Spielsachen und Gartenzwergen, Grabsteinen, Gedenktafeln. Irgendwie creepy, hier so irgendwo im Nirgendwo… nix wie weiter!

Creepy Hügel in Australien
Creepy Hügel in Australien: der Friedhof der Kuscheltiere
Endlose Weite Australien
Australien wie man es sich vorstellt: Endlose Weite!
Endlose Weite Australien
In alle Richtungen einfach nichts.

Wir fahren in den Sonnenuntergang und ich bin fast ein bisschen enttäuscht, dass wir außer der Ziegen noch gar kein Wildlife gesehen haben. Und das obwohl man bei Nacht ja nicht mehr fahren sollte – angeblich. Oder doch nicht angeblich? Kaum zu Ende gedacht, steht um die nächste Kurve nämlich eine ganze Känguru-Familie auf der Straße, über die Fahrbahn verteilt. Und tatsächlich schauen sie völlig desinteressiert direkt in die Scheinwerfer unseres Gigis und machen keinerlei Anstalten, das Feld zu räumen. Ich hupe. Nichts! Ich hupe zwei weitere Male und irgendwann setzt sich das erste in Bewegung und macht den Weg frei. Okay, also doch 100%ige Konzentration gefordert beim Fahren in Dunkelheit. Weiter geht’s! Während ich fahre, klettert Manu nach hinten, um uns ein kleines Vesper zuzubereiten; ja keine Zeit verlieren. Es ist das wohl leckerste Wurst- und Käsebrot ever! Der beste Husband ever ja sowieso!

Vesper to go
Vesper to go

Unsere Endstation für heute ist Northhampton, ca. 5 Stunden nördlich von Perth. Wir haben nun 850 km auf dem Buckel und es reicht. Deshalb steuern wir den nächstbesten Campground an. Die Farmstay-Einfahrt ist komplett dunkel, keine Elektrizität weit und breit, das Gitter ist zu. Wir überlegen kurz, das Tor einfach aufzumachen, beschließen aber, dass es doch zu gruselig ist und wir besser weiterfahren. Selbst den Fahrerwechsel machen wir im Auto, hier setz ich garantiert keinen Fuß raus. In Northhampton scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Alte Häuschen, schwache Beleuchtung, selbst das einzige Hotel in der Ortsmitte ist schon dunkel. Wohnt hier überhaupt wer? Der Campground am Ortsrand ist durch ein Tor geschlossen, ein Schild weist drauf hin, dass man den Besitzer anrufen kann. Zwei uralte Wohnwägen stehen direkt hinter der Schranke links, rechts vor dem Office zwei rebellierende Kakadus im Riesenkäfig. Das ist eine Szene zusammengewürfelt aus „Wolf Creek“ und „Die Vögel“. „Hier will ich glaub nicht bleiben“, gerade als wir den Rückzug antreten wollen, erscheint neben uns ein Auto wie aus dem Nichts: „Hi, I’m the owner, I saw you on the camera up there and thought I might come down here to welcome you.“ Er grinst und schüttelt unsere Hand. Wie mega nett, ich glaube, ich will doch bleiben. Die Toiletten und Duschen sind per Code gesperrt und dann die Überwachungskamera – so viel Hightech hätte man dem ganzen Ort nicht zugetraut. Am nächsten Morgen stelle ich fest, dass der Campground eigentlich total hübsch, liebevoll gepflegt und super sauber ist und nehme mir vor, mich nicht immer von einem ersten Eindruck abschrecken zu lassen.

Learning for the day: Öfters einfach zweimal hinsehen!

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