Fulda ist eine dieser Städte, die man zufällig entdecken muss, um zu begreifen, wie wunderschön sie ist. Wir waren an einem heißen Sommer-Wochenende im August da; eigentlich „nur“ um die Deutsche Grillmeisterschaft zu besuchen. Gefunden haben wir neben einem absoluten BBQ-Highlight (dazu später mehr) auch eine wunderschöne kleine Altstadt mit sehr viel Charme, Kultur, Geschichte, süßen Cafés und leckeren Restaurants. Kommt mit, in die Mitte Deutschlands ins wundervolle Fulda.
Das Geschenk
Wenn man neun Jahre zusammen ist, dann wird es mit jedem Jahr ein bisschen schwieriger ein besonderes Jahrestags-, Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk zu finden. Socken, Blumen, Pralinen oder teure Parfüms haben wir gleich zu Beginn unserer Beziehung abgeschafft, bevor sie in unser gemeinsames Leben gedrängt sind. Wir finden: Schenken ist etwas sehr Schönes, aber nur dann, wenn es persönlich ist und wirklich von Herzen kommt. Dann, wenn es dem anderen ein Lächeln ins Gesicht und ein Funkeln in die Augen zaubert. Da kann ein selbst geschriebener Brief oder eine schön verpackte gemeinsame Erinnerung oft besser punkten, als die teure Handtasche oder irgendein Technik-Gadget. Am allerliebsten schenken wir beide uns gemeinsame Erlebnisse, Momente und kleine Reisen, mit denen wir uns unsere gemeinsamen Erinnerungen schaffen – egal, ob Action oder Wellness, ob Hostel oder Luxushotel. Übrigens einfach dann, wenn uns was Tolles einfällt oder wenn es passt – nicht dann, wenn uns die kommerzielle Gesellschaft einen Valentinstag oder Weihnachten vor die Nase setzt…aber das ist ein anderes Thema….
Als mir eine Kollegin irgendwann zufällig von der Grill-Leidenschaft ihres Mannes erzählte und ihrer beider Mitgliedschaft bei der German Barbecue Association e.V. fing mein Herz an zu Klopfen: That’s it! Wie konnte es nur sein, dass mein grillverrückter Mann noch nie etwas von der Deutschen Grillmeisterschaft gehört hatte? Gleich mitzumischen, wäre vielleicht eine Nummer zu groß gewesen, aber da gibt es ja auch noch andere Möglichkeiten, dabei zu sein. Und damit traf ich voll ins Schwarze: eine Ausbildung zum offiziellen Grill-Juror bei der GBA mit direkter Teilnahme bei der diesjährigen Deutschen Grillmeisterschaft. Learn from the Best – Judge the Best! Als ich Manu bei der Geschenkübergabe erzählte, dass ich uns dort angemeldet hatte, sah ich das Funkeln in seinen Augen! Yes! (Danke an dieser Stelle an meine liebe Kollegin Gaby!)
Die German Barbecue Association e.V.
Willkommen im Zentrum der Glut! Bis dato dachte ich immer, Manu sei verrückt, was seine Leidenschaft für heiße Kohlen, loderndes Feuer und gutes Fleisch angeht. Dann fand ich die GBA. Die German Barbecue Association e.V. wurde 1996 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt mittels verschiedener regionaler, überregionaler und nationaler Meisterschaften, „das freizeitliche Grillen in Deutschland aktiv zu fördern, das Niveau auf dem Rost zu steigern und die Qualität von Grillgeräten und -zubehör zu optimieren.“ Ihr könnt euch vorstellen, was für eine Stimmung aufkommt, wenn die größten BBQ-Enthusiasten Deutschlands für ein Wochenende zusammenkommen: Denn gegipfelt wird die Vereinsarbeit durch die offizielle Deutsche Grillmeisterschaft in Fulda, bei der insgesamt fast 40 Teams im Amateur- und Profibereich um den Titel kämpfen. Knapp 90 Juroren, die explizit dafür zertifiziert worden sind, essen und bewerten einen Tag lang kulinarische Highlights, dass einem (teilweise) das Auge platzt, um die Besten der Besten zu finden! In diesem Jahr sind auch wir gekommen, um zu lernen, uns ausbilden zu lassen und mitentscheiden zu dürfen, wer dieses Jahr die Krone bzw. den Pokal mit nach Hause nehmen darf.
Wer mehr über die Arbeit der GBA erfahren möchte: >hier geht’s zur offiziellen Website der GBA.


Beim Jury-Seminar am Samstag lernen wir in einem 6-stündigen Workshop von Experten alles über Sensorik; wie unsere Sinne funktionieren, wie sie unsere Entscheidungen, unsere Meinungen, unser ganzes Leben bestimmen. Dass bei der Bewertung eines Essens weit mehr als nur der Geschmackssinn wichtig ist und dass man diese Sinne nicht nur trainieren, verbessern oder kalibrieren und justieren, sondern auch kaputt machen kann. Welche Geschmacksrichtungen gibt es überhaupt und wie schmecke ich diese objektiv heraus, ohne nur plump zu sagen „das schmeckt mir nicht“? Worauf kommt es denn überhaupt bei einem guten Grillgericht an, welche Faktoren werden bewertet? Wo liegt bei welchem Essen der perfekte Garzustand und anhand welcher Merkmale erkenne ich diesen? Wie bewerte ich den gegrillten Gurken-Dill-Salat als Beilage zum Fisch, auch wenn ich Fisch grundsätzlich nicht so gerne esse? Ich schiele zu Manu rüber und grinse. Er kann meine Gedanken lesen und schaut mich schief an: Tja, Schatz, was machst du dann, wenn du sonst fast spucken musst, wenn du den Geschmack einer Gurke nur riechst? Wir werden morgen sehen… Nach diesem Tag glüht uns der Kopf – nicht nur wegen der 40 Grad im Juryzelt an diesem Samstag, auch wegen der vielen neuen Informationen und der Verantwortung, die wir morgen tragen werden.
Zeit, alles sacken zu lassen und einzutauchen ins Zentrum der Glut – ab ins Getümmel!

Messe oder Meisterschaft?
Das Messegelände in Fulda brennt; die Sonne knallt von oben, an jeder Ecke steht ein glühender Grill. Smoke und BBQ-Duft liegt in der Luft. Die Teams sind bereits am Freitag angereist und haben ihre „Wettkampf-Areas“ aufgebaut. Heute wird vorbereitet, eingegrillt, angegrillt, sich ausgetauscht und miteinander gegessen, getrunken und gefeiert. Man kennt sich von regionalen Wettbewerben oder vom letzten Jahr. Hersteller und Händler haben sich unter die Teams gemischt und präsentieren neue Grills und Zubehör-Produkte, überall kriegen wir außergewöhnliche, super leckere Grillvariationen zu probieren und versuchen unsere Zunge und Nase für morgen zu sensibilisieren. Oh Gott, es schmeckt alles so gut! Wir staunen über die Vielfalt, die Leidenschaft und diese unvergleichbare Stimmung, die nur dann entstehen kann, wenn alle für das Gleiche brennen. Und vor allem staunen wir über die Ausstattungen der einzelnen Teams, die von der eigenen Wasserversorgung, über Kühlschränke und ganzen mobilen Küchen, einer unfassbaren Auswahl an Grills bis hin zu halben Interieur-Läden- oder Wohnungseinrichtungen mit passender Deko Geschütze auffahren, dass die Schwarte brennt. Ein Team hat einen Pool aufgestellt, das nächste eine komplette Beachbar mitsamt tonnenweise Sand neben die Grill-Area gebaut. „Unser 7,5-Tonner steht draußen“, verrät uns der Team-Chef, als wir fragen, wie sowas überhaupt funktionieren kann. „Holy shit, ich glaub, ich bin eine ganz kleine Leuchte am BBQ-Himmel“, staunt Manu. Ich kann leider nicht widersprechen.









Judgement Day – die Deutsche Grillmeisterschaft 2018
Pünktlich um 9 Uhr sitzen wir mit den anderen 84 Juroren zur Einweisung und zum Briefing im Juryzelt. Petrus hat Erbarmen und hat zur Hitze heute ein bisschen Wind geschickt. Die Stimmung auf dem Gelände ist noch ruhig und entspannt. Einige Teams haben Nachtschicht am Grill eingelegt; ein Pflicht-Bestandteil ist nämlich Beef Brisket. Während die Amateure vier Gänge abliefern müssen, sind es bei den Profi-Teams sechs:
1. Gang: Rhönforelle mit Beilage
2. Gang: Vegetarisch (nur Profis) mit Beilage
3. Gang: Schweinerücken mit Beilage
4. Gang: Chef’s Choice – hier ist (fast) alles erlaubt (nur Profis)
5. Gang: Brisket mit Beilage
6. Gang: Dessert mit Beilage

Zu den genannten Pflichtzutaten dürfen die Griller bei der Beilage tun und lassen, was sie wollen. Es gibt (nur) zwei Vorgaben: alles auf dem Teller muss essbar sein und bewertet werden, darf nur, was vom Grill kommt (Das genaue Regelwerk findet ihr auf der Website der GBA!). Abgeliefert wird ab 11 Uhr im Halbe-Stunden-Rhythmus, da die Teams aufgrund der Masse auf die volle und halbe Stunde aufgeteilt werden. Dabei haben sie ein Zeit Fenster von 10 Minuten (5 vor bis 5 nach), in dem der Gang in einer Box im Juryzelt für die Blindjury abgegeben und den ca. vier Juroren der Tischjury vor Ort aufgetischt werden muss. Die Tischjury setzt sich zusammen aus zwei erfahrenen Juroren, die eigentlich als Blindjuror im Zelt bewerten, per Zufallsprinzip aber auch für einige Gänge nach draußen geschickt werden, und zwei Trainees. Trainees sind auch wir und alle diejenigen, die gestern das Seminar erfolgreich absolviert haben, jetzt erste Erfahrungen sammeln und von der Expertise der erfahrenen Juroren lernen sollen. Dabei bewerten wir wie echte Juroren, unsere Punkte zählen aber nicht ins tatsächliche Ergebnis mit ein. Pro Juror ergibt das 8-15 Portionen zum Probieren und Bewerten, hungrig wird heute wohl keiner nach Hause gehen. Eher muss man sich bei manch kulinarischem Highlight zusammenreißen, nicht die ganze Portion zu verputzen. Nach der offiziellen Vereidigung strömen wir aus zum ersten Gang. Heute gibt’s Forelle zum Frühstück, na dann mal auf in den Ring!


Fünf Stunden später sammeln wir uns alle wieder, glücklich vollgefressen, voller Eindrücke und mit vollem Bauch. Ein kulinarisches Highlight hat das andere gejagt und wir staunen über diese abartig guten Leistungen der einzelnen Teams, die hier teilweise ohne jeglichen Gastro-Background angetreten sind. Ganz dickes Lob nochmal an dieser Stelle! Wir haben viele nette Leute kennengelernt und (vor allem Manu natürlich), viel gelernt und viele Inspirationen für seine eigenen Grillorgien mit nach Hause genommen.
Hier für euch ein paar Eindrücke (jaaaa, sie haben geschmeckt, wie sie aussehen!):





















Wir sind nun offiziell zertifizierte GBA-Grill-Juroren und werden ganz sicher die ein oder andere regionale und nächstes Jahr auch wieder die deutsche Meisterschaft mitmachen. Und wer weiß, ob unser Netzwerk nicht irgendwann auch dafür reichen wird, dass wir das Feld von der anderen Seite mit aufrollen werden. Man braucht ja bekannter Weise Ziele im Leben.

Fulda – kleines Juwel in Deutschlands Mitte
Eigentlich sind wir nur durch Zufall nach Fulda gestolpert. Hätten wir uns nicht zur Deutschen Grillmeisterschaft angemeldet, wären wir hier wahrscheinlich nie gelandet. Denn komischer Weise findet man zu dieser tollen Stadt bislang nur sehr wenige Reisetipps oder Berichte. Das wollen wir ändern! Denn wir haben uns in die kleine Stadt mit ihrem Charme gleich verliebt. Mit ihren knapp 67.000 Einwohnern ist Fulda gemütlich und überschaubar, die Atmosphäre entspannt und an einem lauen Sommerabend im August bei 30 Grad fühlt es sich hier wirklich an wie im Urlaub. Das kleine Altstadtzentrum ist gepflegt und sauber und lädt in der langsam untergehenden Sonne, die alles in warmes Licht hüllt, zu einem gemütlichen Abendspaziergang ein. Historische Gebäude und kleine verwinkelte Gassen findet man an allen Ecken: Der Fuldaer Dom, die vielen Kirchen, der Hexenturm, das alte Rathaus, süße Cafés, leckere Restaurants und außergewöhnliches Eis – Mit einer Kugel Feige-Zimt-Nuss und schwarzem Sesam setzen wir uns im Schlossgarten auf die Parkbank und staunen über dieses wunderschöne Schloss vor unserer Nase. Oh Fulda, wie wunderschön du bist! Warum haben wir nur kein Hotel im Zentrum gebucht? Nächstes Jahr werden wir wieder kommen zur Grillmeisterschaft und dann haben wir hoffentlich mehr Zeit für dieses kleine Juwel im hessischen Osten.











Und last but not least: unsere Tipps für kulinarischen Genuss in Fulda
- Chaang Noi – hochwertiges, thailändisches Essen
- Vini e Panini – für den Aperitivo, hausgemachte Pasta, ein gutes Glas Wein und la Dolce Vita
- Eiscafé Bonifatius
- Etwas außerhalb: Der Florenberg – ein rustikaler, Biergarten mit einer tollen Aussicht über Fulda und die Rhön
(Wir haben hier nicht gegessen, aber in den modernen Zimmern übernachtet. Alles in allem ein tolles, ruhiges Hotel.)