Three days in Vancouver! Nachdem uns der Wettergott mal im positiven Sinne einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und Sonne statt vorhergesagtem Regen geschickt hat, haben wir zu Fuß und auf einem City-Cruiser-Fahrrad diese wundervolle Metropole entdeckt. Viele moderne Skyscraper, Sauberkeit, unglaublich freundliche und offene Menschen und sehr viel Natur und Grün machen Vancouver zu einer der relaxesten und lebenswertesten Großstädte der Welt. We like! We love! Auf nach Van-City! Der perfekte 3-days-Itinerary für Vancouver:
Tag 1 – die Anreise: Am Anfang war das Bier. Und ein Prosecco.
Pünktlich um 7.30 Uhr sitzen wir am Flughafen. Simon, mein Bruder, hat uns auf dem Weg zur Uni rausgeschmissen und tatsächlich hatten wir Glück und der alltägliche Rush-Hour-Wahnsinn rund um Stuttgart blieb aus, sodass wir in aller Ruhe unser Gepäck aufgegeben haben und nun traditionsgemäß in der Flughafenbar sitzen – bei einer Brezel, Bier und Prosecco. Ich kann nicht mehr genau sagen wann, aber irgendwann hat sich das so eingebürgert, dass wir, obwohl es bei den Flughafenpreisen vernünftig gesehen völliger Schwachsinn ist, vor dem Abflug immer noch einen Prosecco und ein Bier trinken. Nach dem ersten Schluck muss ich schon grinsen, denn ich weiß genau was kommt und forme mit den Lippen geräuschlos jedes Wort mit: „Zzzzhaaaa, jetzt fängt der Urlaub an.“ Ich schiele zu Manu und wir müssen beide grinsen. Yes, we are: Ready for Take-Off!
Nach einem Stopp-Over in Amsterdam, bei dem wir uns noch mit einem guten Havanna eingedeckt haben (Alkohol soll ja teuer sein in Kanada!) landen wir pünktlich nach knapp 9 Stunden Flugzeit in Vancouver. Der Flug war ruhig, der Service bei KLM gut. Während Manu die Hälfte der Zeit mal wieder gepennt hat, habe ich bei „Honig im Kopf“ abwechselnd Tränen gelacht und geweint, damit wahrscheinlich den halben Flieger aufgeweckt. Staunend habe ich auch mindestens eine halbe Stunde Alaska oder Grönland (?) unter uns beobachtet – wie beeindruckend, wenn einfach alles nur weiß weiß weiß ist und unter uns weg zieht.
Die Einreise in Vancouver ist wohl die schnellste, die wir nach einem Langstreckenflug je hatten. Keine Schlange an der Passkontrolle, kein Warten auf’s Gepäck. Schon am Flughafen erinnert alles in Grün und Braun und Holz an das, was man aus den USA kennt, nur doch irgendwie ein bisschen anders. Mit dem Skytrain fahren wir auf Anleitung unseres AirBnB-Hosts nach Downtown. Es ist jetzt 14 Uhr.
Wir kommen dank seiner ausführlichen Beschreibung schnell und easy an Israels Apartment an: in der Cambie Street, Apartment 2703 – kann ich mir gut merken, ist Simons Geburtstag. Muss ich auch, weil das Gebäude bestimmt 100 Wohnungen hat. Wir laufen ihm bei Ankunft noch in die Arme. Ihm und seinem Ex-Freund mit Koffern. Er entschuldigt sich für die „messy situation“. Sie haben sich erst kürzlich getrennt, alles ist chaotisch und er muss leider auch schon los zu einem Business Meeting, verspricht aber heute Abend für uns und unsere Fragen da zu sein. Um 15:30 Uhr los zum Meeting? Der muss ja nen fancy Job haben. Wie man es aus Erzählungen über Kanada kennt, steht tatsächlich die Wohnungstür offen – mitten in Vancouver Downtown! Wir fallen mit unserem Gepäck ein und sind sofort überwältigt: der 27. Stock lässt keine Wünsche offen: was für eine atemberaubende Aussicht auf die Wolkenkratzer dieser Stadt. Unser Zimmer ist klein, aber mit kompletter Glasfront und sogar einem kleinen Balkon. „Wir haben ja gar keinen Fernseher“, sagt Manu. Spinnst du? Guck mal aus dem Fenster, das ist ja wohl Fernsicht genug!
Wir pilgern los Richtung City und stellen an der ersten Kreuzung fest: wir SIND bereits mitten in der City – Downtown Vancouver here we are! Als sich sogar die Sonne durch die Wolken kämpft, obwohl für heute Regen vorhergesagt war, hat uns Vancouver in seinen Bann gezogen.
Unser erstes Ziel ist Gastown, die „Altstadt“ Vancouvers, ein Viertel mit vielen hippen Cafés im Industriecharme und wo zu jeder Viertelstunde die dampfbetriebene Steamclock ihr Gas in den Himmel pfeift. Nach dem dritten Pfiff zerre ich Manu weiter: Ich glaube, Vancouver hat noch ein bisschen mehr zu bieten! Männer und Technik…
Am Wasser entlang trödeln wir im Sonnenschein entlang der Waterfront. Ein Kreuzfahrtschiff setzt seine Segel, wir winken den Passagieren zu und Wasserflugzeuge starten und landen im Minutentakt. Zufällig kommen wir an einem kleinen Eiscafé vorbei und nicht drum rum es zu probieren: Best Gelato 2012 – gewählt in unserer quasi-zweiten-Heimat Firenze. Es schmeckt lecker, aber das beste Eis gibt es noch immer in Riva.
Weiter führt uns der Weg entlang der Robson Street, DIE Einkaufsmeile schlechthin (ich muss mich schon stark zurückhalten) in Richtung Stanley Park, die grüne Oase am Rande der Großstadt. Kanada-Gänse und sportliche Menschen teilen sich den Weg: Jogger, Inlineskater, Radfahrer. Einige scheinen hier auch zu wohnen. Insgesamt gibt es viele Obdachlose in Van-City – hat Kanada denn das gleich beschissene Sozialsystem wie Amerika?
Um die Ecke von unserem Zuhause gehen wir im Romer`s Pub noch eine Kleinigkeit essen. Unsere Kellnerin heißt Mirjam. Ihre Wurzeln seien ukrainisch – glaubt sie. Naja, vielleicht doch auch ein bisschen deutsch? Die erste Nacht schlafen wir wie ein Stein – tief und fest über den Dächern von Van-City!
Tag 2: Einbahnstraße im Stanley Park – ein Ausflug auf dem Citycruiser
Zum Frühstück machen wir uns in Israels Wohnküche, die aussieht wie Teil einer stylischen Musterwohnung direkt von Pinterest kopiert (zum Neidischwerden) erstmal Kaffee und Oatmeal mit Apfel-Zimt-Geschmack. Im Küchenschrank stehen eine Mickey und eine Minnie-Tasse. Oh Gott, ich freue mich wie Walt Disney persönlich! Hatte ich bei der Auswahl der Unterkunft nicht wieder ein gutes Händchen: ein neuer schwuler Freund in unserer „Sammlung“ und dann auch noch Disney-Fan. Im Wohnzimmer-Regal steht die komplette Sammlung der Disney-Filme, alphabetisch sortiert und es fehlt nichts, nicht ein einziger Film. Direkt daneben ein ganzes Regalbrett voller Lonely Planets. Er erzählt uns später, dass er alle Länder schon bereist hat – krass, wie alt ist er denn?
Heute leihen wir uns ein Fahrrad um den Stanley Park Drive und Granville Island anzuschauen. Wieder verwöhnt uns der Wettergott mit Sonne – Olé! Nach einem kläglichen Versuch auf einem Tandem, bei dem ich mir beim ersten Trappeln fast das Knie ins Gesicht böller, entscheiden wir uns lieber für zwei City-Cruiser. Am Seawall, also am Wasser entlang flitzen wir los, genießen den Fahrtwind und die einzigartige Aussicht auf die Skyline der Stadt. Was für eine entspannte, relaxte Metropole; an keiner Ecke Stress oder Hektik. Die Menschen sind freundlich, sehr freundlich, aber aufrichtig. Vieles erinnert an die USA, aber es ist nicht so aufgesetzt. Ich kann nach nicht mal 24 Stunden hier gut verstehen, warum Vancouver zu den lebenswertesten Städten der Welt gehört.
Wir pilgern bis in den Park und machen uns über Schotterwege und Waldabschnitte auf den Weg zum Stanley Park Drive, der einmal komplett um die Halbinsel führt. Gar nicht so einfach ohne Gangschaltung, few! Nach gut 20 Minuten tut sich ein kleiner Kiosk vor uns auf und wir gönnen uns ein Berry-Loaf, eine Mischung aus Kuchen und Brot mit vielen Körnern und Beeren – schön gesund und eine dicke Portion Energie. Die brauchen wir auch. Denn auf der Suche nach der richtigen One-Way-Spur (hätte uns auch mal jemand sagen können, dass der Stanley Park Drive eine Einbahnstraße ist!) fahren wir sage und schreibe dreimal den steilen Buckel zum Wasser runter und wieder rauf – um dann festzustellen, dass wir zurück auf „Los“ müssen um den Trail fahren zu können.
Vorbei an vielen Canada Geese und weiteren Wasserflugzeugen (Manu fährt vor lauter Glotzen gleich entweder gegen einen Baum oder in den Pazifik) entkommen wir nur knapp einem Regenschauer. Glück gehabt! Beim Stopp an bzw. unter der Lion’s Gate Bridge, die stark an die Golden Gate in San Francisco erinnert, wird es auf einmal still. Was ist denn das jetzt? Die Ruhe vor dem Sturm? Plötzlich bewegt sich das Wasser und wie aus dem Nichts taucht um die Ecke ein riesen Container-Frachtschiff aus Asien auf. Erst als wir die winkenden Seemänner an Deck winken sehen, werden die Dimensionen bewusst – wie riesig ist dieses Schiff?
Über eine Brücke, die ziemlich lang und am Ende auch steil bergab geht (oh Gott, müssen wir mit unseren gangschaltungslosen Cruisern da nachher wieder hoch?) fahren wir nach Granville Island. Dort wurden alte Industriehallen zu hippen Food-Places und kleinen Kunstlädchen umgebaut. In der riesigen Markthalle kaufen wir Brötchen, Käse und Proscioutto und sitzen draußen auf der Terrasse zum People-Watching.
Wir fahren weiter an der tollen Küste entlang bis zurück an die Seawall (es gab Gott sei Dank eine Alternative zur Steilabfahrt!). In der Sonne parken wir unsere Bikes an einer Parkbank mit Blick auf die silberne Expo-Kugel und das Stadion. Dummerweise haben wir den Küstenwind in Kombination mit den Treppen nicht berücksichtigt – genau genommen war`s ich! Denn mit dem kommenden Windstoß macht mein Bike einen Abflug – im wahrsten Sinne des Wortes – und reißt dummerweise den Cruiser von Manu gleich mit in den Abgrund. Mit verbogenem Lenker und einem Lachanfall später entscheiden wir, dass es wohl sinnvoller wäre, die Bikes jetzt dann zurück zu bringen…
Heute Abend gehen wir auf Empfehlung von Israel in ein Restaurant in Chinatown. Das Hanoi Pho wirkt von außen wenig einladend, aber die Menschentraube davor lässt erahnen, dass es sich lohnen muss. Wir lassen uns auf die Warteliste schreiben und haben Glück, weil wir nach einer Minute die Chance bekommen, an einen shared table zu sitzen. Mit zwei Einheimischen und drei kanadischen Asiaten aus Quebec, die Gott sei Dank alle Englisch sprechen, beratschlagen wir unser abendliches Menü und bestellen natürlich viel zu viel. Die Spezialität des Hauses, kein Scheiß, sind Chicken-Wings. Ansonsten konnten wir uns leider keinen einzigen Namen der Gerichte merken, aber es waren alle super lecker.
Tag 3: These Streets are made for Shopping
Wegen mal wieder nicht eintretenden aber angekündigten Regens gehen wir heute auf Shoppingjagd. Wir kaufen ein wie die Großen (vielleicht haben wir kurz verwechselt, dass wir nicht im Outlet in den USA, sondern auf der Robson Street in Vancouver sind) und ich frage mich, wie wir das alles in einem Wohnmobil verstauen sollen. Heute winken für uns beide neue Schuhe. Für mich gibt es neue New Balance Sneaker, die eigentlich mich gefunden haben und nicht andersrum. (Ja, sie haben Mama zu mir gesagt!). Bei uns Mädels läuft das ja so: Schuhe sehen, exzentrisch vor Freude schreien, anprobieren, kaufen. Bei Mann(uels) dauert es da schon mal länger; die eine Größe zu eng, die andere zu groß, die engen aber eigentlich doch gut – Hilfe! Entscheidungsneurose ist doch eigentlich mein Part! Einmal Konzentration bitte. Vielleicht liegt das an den vielen Nobelkarossen auf der Robson Street, die seine Aufmerksamkeit so sehr in Beschlag genommen haben, dass er nicht mehr klar denken kann. Am Ende kauft er sich die Nikes dann doch. Halleluja! Wir werden sie heute Abend gebührend auf unserem kleinen „Balcony-with-a-view“ feiern!
Als wir im Vancouver Lookout Tower nach den Washrooms suchen, wundern wir uns zunächst schon ein bisschen, als die Schilder Richtung Aufzug führen. Wir steigen in einen komischen…äh in einen Lastenaufzug? Bevor wir überlegen können, ob das richtig ist, setzt sich das Ding in Bewegung. Als der Lift mit Vollgas nicht nur den nächsten Stock auslässt, sondern bis in die oberste Etage prescht, wird uns irgendwie mulmig. Ohren zu, Herz schlägt bis zum Hals, die Tür geht auf: ein Chinese in Küchenkleidung guckt mindestens genauso verdutzt wie wir. Wir stammeln etwas von Washrooms. Noch bevor er uns entgeistert „this way“ schickt, stürmen wir zur Tür hinaus. Egal, wo das Klo ist, aber mit dem Ding fahr ich definitiv nicht wieder runter. Schnell merken wir, wo wir gelandet sind: Im Top of Vancouver, einem ziemlichen noblen Restaurant in der Spitze des Towers, das -sich im Kreis drehend- eine atemberaubende Rundum-Sicht auf die Stadt bietet. Wow, wow, wow! Manchmal findet man die schönsten Ziele eben nur, wenn man falsch abbiegt!
Zurück im Apartment lassen wir uns von Israel wieder einen Dinner-Place für heute Abend empfehlen und halten ein bisschen Smalltalk. Ich frage ihn nach seinem fancy job und muss laut lachen, als er erzählt, dass er für eine kanadische Genossenschaftsbank Marketing (so wie ich im echten Leben!) macht. Vielleicht ist Israel ja mein Seelenverwandter…es ist einfach zu geil! Deshalb mag ich Airbnb – man trifft interessante Leute und kriegt die besten (Geheim-)Tipps. Zur Feier des Tages wollen wir unsere neuen Schuhe ausführen. Und –Überraschung- jetzt sind Manus Schuhe doch eng. Ich flippe aus, aber wir haben ja Geduld. Es ist 18.30 Uhr und wir gehen nochmal zurück in den Schuhladen. Trotz nicht vorhandener Schuhschachtel haben wir Glück und er darf die Sneaker umtauschen. Dafür entdecken wir auf dem Rückweg dann durch Zufall noch den Abercrombie & Fitch Laden, der im Turbo-Schnelldurchlauf die Kreditkarte nochmal zum Glühen bringt.
Im Flying Pig essen wir später eine gemischte Grillplatte und kommen so in den Genuss, von Fleisch über Gemüse bis zum Fisch ungefähr alles probieren zu können, was die Karte (oder Vancouver?) so zu bieten hat. Yummy!