Venedig – 2 Tage zwischen Touristenmassen und charmanten Altstadtgassen

Wusstet ihr, dass Venedig die meist besuchte Sehenswürdigkeit Europas ist? Mehr Menschen reisen in die italienische Stadt an der Adria als an den Eiffelturm oder zum Kolosseum nach Rom. Warum? Weil es nichts Vergleichbares auf dieser Welt gibt! Die Stadt auf dem Wasser, im Wasser. Touristenmagnet, UNESCO-Weltkulturerbe, Gondeln, singende Italiener, Brücken, viele Brücken, das Meer, Tauben, kleine Gassen, leckeres Essen und muffige Luft… ich freue mich wie ein Schneekönig, als sich ein Freund vier Wochen vor meinem Geburtstag verplappert und verrät, was sich Manu für meinen Birthday-Surprise-Trip ausgedacht hat. Ich hüpfe durch’s Wohnzimmer und singe laut: Venedig, Venedig – ich fahre nach Venedig!

„Ich kann gar nicht verstehen, was du immer mit Venedig hast – da stinkt’s doch nur.“  
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es gestunken hat. Ich war sechs Jahre alt und stand zusammen mit meinem Opa und einem ganz herzlich lächelnden Gondoliere auf einer dieser typisch venezianischen Brücken und habe in die Kamera meines Vaters gegrinst, während Mama mit Oma und meinem damals drei Jahre alten Bruder direkt am Markusplatz zwei Tassen Kaffee und eine Fanta für umgerechnet 20 D-Mark getrunken haben. Dieses Bild, und wie Papa Mama geschimpft und gezwungen hat, die Rechnung zu zahlen und nicht einfach aufzustehen und die Zeche zu prellen (es sollte schließlich eine Lehre sein), hat sich in mein Hirn gebrannt. Und in mein Herz.

Ich grinse: „Venedig ist ganz schön viel mehr als nur stinky. Ich werd’s dir beweisen.“

 

Where to sleep

Als wir ankommen, regnet es. Das passt jetzt irgendwie auch nicht ganz in meine Erinnerung, aber nach einigen verregneten Trips weiß ich mittlerweile, dass es wirklich kein schlechtes Wetter gibt, nur schlechte Kleidung und eine schlechte Einstellung. Also machen wir das Beste draus. Unser Apartment ist in Mestre auf dem Festland, einem Vorort bzw. Stadtteil von Venedig. Es ist groß, modern, super sauber, inklusive Tiefgaragen-Stellplatz und der Check-In mit der italienischen Besitzerin dauert ca. 3 Minuten. Nach 15 Minuten ist man mit der Tram direkt am Bahnhof von Venedig. Wer nicht ein halbes Vermögen ausgeben oder in einer völlig überteuerten Spelunke in „Downtown Venice“ übernachten möchte, ist in Mestre sehr gut aufgehoben.


Things to Do – meine Venedig-Bucket-List

Ankommen, sich verlieren und Teil der Stadt werden.
Venedig ist nicht nur Touristenmassen und enges Geschiebe durch kleine Gassen. Venedig sind auch verlassene Ecken, einsame Sträßchen, wundervolle Ruhe-Oasen und authentische Bars und Trattorien ohne Trubel und Massentourismus. Klar möchte man sich die großen, bekannten Sehenswürdigkeiten ansehen. Einmal über den Markusplatz laufen, auf den Campanile hochfahren und die Rialto-Brücke überqueren. Das habe ich auch getan! Aber wer mutig ist und einfach mal in die andere Richtung abbiegt wie alle anderen, findet das wahre Venedig. Das, wo man vor der Tür die Nachbarn trifft, auf einen Kaffee eingeladen wird und das echte Flair der Serenissima aufsaugen kann. Ich hatte das wundervolle Glück, an diesem Geburtstagswochenende von einem italienischen Freund überrascht zu werden. Tizi kommt aus Florenz, hat vor einigen Jahren aber in Venedig gelebt und hat uns seine Version dieser wundervollen Stadt gezeigt. Deshalb mein Tipp (der grundsätzlich überall gilt): Locals nach den Lieblingsrestaurants und schönsten Ecken fragen; sich trauen, ihnen mehr zu glauben als den Tipps im Internet und sich treiben lassen. Denn darum geht’s im autolosen Venedig doch: entschleunigen, entspannen und sich mit dem Strom treiben lassen – oder eben auch mal dagegen schwimmen!

Mode einpacken. Und stylische Gummistiefel.
Acqua alta – Hochwasser gehört in Venedig zur Tagesordnung wie der Fisch auf die Speisekarte. Die Einheimischen sind drauf eingestellt, es werden mobile Brücken aufgestellt und die Italienerinnen schaffen es, sogar Gummistiefel elegant in ihr Outfit zu integrieren. Touris outen sich durch überteuerte Überziehstulpen, die aussehen, als würden sie mit Mülltüten Sackhüpfen spielen. Und das passt dann doch irgendwie so gar nicht zu Bella Italia. Grundsätzlich entfachen ein paar Tage in Italien auch in mir das Modepüppchen. Eigentlich bin ich modisch gesehen eher der praktische und sportliche Typ, aber wenn es ins Land des Stiefels geht, wandern auch bei mir zur Abwechslung das kleine Schwarze und der Lippenstift ins Reisegepäck. Übrigens hatte ich natürlich keine Gummistiefel mitgenommen. Ich habe dafür neue Lack-Schnürstiefel geshoppt. Und braune Leder-Stiefel. Und noch ein paar andere Sachen… Denn, wer die passenden It-Pieces zuhause vergessen hat, der geht einfach:

Mode shoppen.
Italien ist Mode. Mode ist Shopping. Punkt.
Lasst euch nicht von all dem Touri-Ramsch blenden, in Venedig wird Handwerkskunst an vielen Ecken noch großgeschrieben. Das merkt man auch und vor allem in der Mode. Aber auch venezianische Karnevalsmasken und das berühmte Murano-Glas stehen ganz oben auf der Things-to-buy-in-Venice-Liste.

Fisch essen. Und Ciccheti.
Die Stadt liegt am Wasser. Kein Wunder also, dass eine Spezialität der Venezianer Tintenfisch ist; schwarze Spagetti? Oh si, yummi yummi! In den kleinen Weinbars (Bacari) werden tagsüber zum Gläschen Vino de la Casa sogenannte Ciccheti gereicht; kleine Portionen leckeres italienisches Soulfood – das Pendant zu den spanischen Tapas. Vom Oktopus vom Grill über mit Sardinen gefüllter panierter Mozarella bis hin zu crossen Paninis serviert die Mamma Cucina alles, was das Schlemmer-Herz begehrt. Wer sich selbst verpflegt oder grundsätzlich liebt, was das Meer zu bieten hat, sollte nicht den Fischmarkt in der Nähe der Rialto-Brücke verpassen. Dort wandert der frische Fang direkt in die umliegenden Restaurants.

Meine Food-Tipps für euch:

  • Da Mamo, Pizzeria & Trattoria mit herrlich gut gelaunten Kellnern, leckerem Essen und kuschligem Innenstadt-Flair in einer kleinen Gasse mitten im Getümmel.
  • Direkt am Wasser und mit langen Warteschlangen bis in die Nacht hinein (deshalb unbedingt reservieren!): die Trattoria Pontini. Hier gehen die Venezianer essen, man fühlt sich wie im Dorf. Jeder scheint sich zu kennen und man wird sofort in die Gemeinschaft integriert.
  • Osteria dal Riccio Peoco – schnuckelige und authentische Bar mit Tradition, der glatzköpfige Besitzer (deshalb der Name!) kocht noch immer selbst in seiner Mini-Küche und die Ciccheti sind die besten der Stadt.
Shared food is best food
Shared food is best food

Nach Burano fahren.
Rund 45 Minuten mit der Fähre von der Hauptinsel Venedigs entfernt, befindet sich diese herrliche Ruheoase mit kleinen Handwerksläden, netten Cafés, authentischen Bäckereien und fröhlich bunten Häuschen. Nach dem ganzen Trubel in den überfüllten Gassen Venedigs ist Burano wirklich ein kleiner Zufluchtsort für alle, die es für ein paar Stunden entspannt haben wollen.

Burano - favorite picture ♥
Burano – favorite picture ♥

Linienboot statt Gondel.
Ja, das klingt ein bisschen weniger romantisch als die traute Zweisamkeit im kleinen Ruderboot, aber kostet dafür auch nur einen mini Bruchteil davon und man verschafft sich einen guten Überblick über die großen Eckpunkte der Stadt. Und die Aussicht ist (fast) dieselbe wie aus der Gondel. Warum sich Gondel fahren sowieso nicht lohnt, lest ihr weiter unten.

One day in Venice oder doch lieber gemütlich mehrere Tage „La dolce vita“ genießen?
Man kann die großen Hotspots in Venedig locker an einem Tag anschauen (längere Museumsbesuche natürlich ausgenommen), Venedig ist von der Fläche her überschaubar. Man kann aber auch eine ganze Woche in Venedig verbringen und noch immer jeden Tag etwas Neues entdecken. Wer Städtetrips ein bisschen entspannter angeht und sich zwischendurch kleine Pausen mit einem Kaffee oder einem Prosecco gönnt, saugt die Erlebnisse und das Flair einer Stadt viel intensiver auf, als jemand, der wie begast durch die Stadt rast und versucht Pläne strikt einzuhalten und seine Sightseeing-Liste abzuhaken.


Things not to do – ja auch die gibt’s!

Gondel fahren
Das klingt im ersten Moment jetzt vielleicht doof, weil das wohl der most-wanted Punkt auf jeder Venedig-Bucketlist ist. Warum man keine Gondel fahren sollte?

  1. Es ist schweineteuer, knapp 80 Euro für eine Stunde. Das heißt, wer nicht in Gold schwimmt, teilt sich die sechs Plätze im Boot mit anderen – Romantik ade!
  2. Die Gondolieri tragen mittlerweile Piercing und Nikes zu ihrer Uniform. Wenn schon Tradition und Romantik, dann bitte richtig!
  3. Man ist verewigt in mindestens 700 Fotoalben oder Facebook-Posts. Denn: auch wer nicht Gondel fährt, fotografiert sie trotzdem. Mir ist tatsächlich beim Bilder Durchschauen aufgefallen, dass ich das gleiche Pärchen in einer Gondel von vier verschiedenen Brücken aus fotografiert habe. (Wer sich einmal im Leben wie eine echte Celebrity fühlen will und das Blitzlichtgewitter liebt, der sollte die Chance natürlich nutzen.)
  4. Das heißt auch, man sieht zu Fuß genau dieselben Sehenswürdigkeiten und Ecken von Venedig wie vom Wasser aus. Man schippert durch die Kanäle, vorbei an typisch venezianischen Häusern und an berühmten Sehenswürdigkeiten; den gleichen, die man auch von Land aus zu Gesicht bekommt.

O sole mio?
Und wenn man doch Gondel fahren möchte, auf keinen Fall den Kapitän bitten „O sole mio“ zu singen. Das kommt nämlich aus dem südlichen Italien und hat mit Venedig so viel zu tun wie das Hofbräuhaus mit Ostfriesland.

Jedem Insider-Tipp im Internet trauen – die top secret Hotspots, die man auf Pinterest und in Travelblogs findet, findet man nämlich nicht nur selbst. Und wenn man dann eingepfercht zwischen 100 anderen gefühlt eine Stunde auf sein Bruscetta und zwei Gläser Prosecco warten muss, dann macht’s keinen Spaß mehr und den Geheimtipp zum Massenmagnet.

Schirm, Charme und Melone
Seinen Schirm beim Shopping unbeaufsichtigt lassen – vor allem wenn es draußen schüttet, was das Zeug hält. Nach einer kurzen „ich-brauche-neue-Schuhe-Ekstase“ hatte ich zwar zwei Paar neue Stiefel, aber dafür keinen Regenschirm mehr.

Ach, und gestunken hat es tatsächlich an unserer kompletten Reise kein einziges Mal – wusst ich’s doch! Also worauf wartet ihr noch? Einmal mit dem Strom schwimmen, knapp 30 Millionen Besucher können sich nicht irren. Auf nach Venedig!

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